Wie lesen wir Texte? Welche Strategien wenden wir an, um Texte zu verstehen? Und vor allem: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Umgang mit Texten im Unterricht? Mit diesen Fragen beschäftigte sich Professorin Dr. Iris Winkler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena heute schwerpunktmäßig in einem Gastvortrag am Studienseminar Leer anlässlich der Verabschiedung des langjährigen Deutsch-Fachleiters Alf Hase (siehe Artikel hier).
Anhand aktueller Textbeispiele zeigte die Fachdidaktikerin des Instituts für germanistische Literaturwissenschaft auf, dass das Vor- bzw. Weltwissen den Leseverstehensprozess erheblich beeinflusst und welche Schwierigkeiten sich daraus für den Umgang mit Texten im Unterricht ergeben.
Ganz entscheidend für gelingendes Textverstehen ist nach Ansicht von Winkler, sich als Leser die Leseziele - eigene oder durch die Aufgabenstellung vorgegebene - bewusstzumachen, um zielführende Lesestrategien anwenden zu können. Es sei mit Blick auf das Textverstehen im Unterricht von großer Bedeutung, dass die in der Aufgabenstellung angelegte Zielsetzung und die Textauswahl unter Beachtung der Lernvoraussetzungen (z. B. hinsichtlich des inhaltlichen Vorwissens und der methodischen Kompetenzen) aufeinander abgestimmt seien.
Die Lehrstuhlinhaberin forderte die Referendarinnen und Referendare auf, Elaborationsprozesse anzuregen, um die aktive Verarbeitung des Gelesenen zu fördern. Die Aktivierung des Vorwissens ("Was weiß ich schon?") gehöre ebenso dazu wie das Antizipieren und Rückkoppeln ("Was erwarte ich vom Text? Werden meine Erwartungen erfüllt?"). Es sei wichtig, Bezüge zwischen Vorwissen und Text herzustellen ("Was ist neu? Wie verändert das mein Vorwissen?"). Winkler schlug vor, Methoden einzusetzen, die die kognitive Weiterverarbeitung von Texten förderten, etwa die Übertragung von Texten in eine anderen Darstellungsart oder die Expansion von Texten. (UL)